Rammler und Raser

7. Mai 2019


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Verkehrspolizei Berlin
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Dieser Text ist eine neue Version vieler Briefe, die ich an die oben genannten schon verschiedentlich geschrieben habe, ohne jemals eine Antwort zu erhalten.
Es geht vor allem um Fußgänger, Rollatorfahrer, Radfahrer, E-Roller auf Bürgersteigen.
Als angekündigt wurde, dass demnächst auch E-Roller auf Bürgersteigen mit 12 km in der Stunde fahren dürfen, bin ich noch am gleichen Tag von einem rollernden Mann fast umgefahren worden und seitdem sehe ich täglich mindestens 1 oder 2 dieser Menschen, die die Bürgersteige noch gefährlicher machen als sie es eh schon durch die Radfahrer sind. Meine Beobachtungen beziehen sich hauptsächlich auf die Gegend im Umkreis von ca. 2 km rund um das Amtsgericht Charlottenburg.
Eine neue Aktualität ist durch den wirklich hirnrissigen Vorschlag des Bundesverkehrsministers Scheuer gekommen, E-Roller auf Bürgersteigen zuzulassen. Was zunächst nach Satire klang, ist offenbar ernst gemeint und weckt den Wunsch danach, dem Bundesverkehrsminister samt aller seiner sogenannten Experten ein bisschen Unterricht in Wirklichkeit zu verpassen, indem man ihn mindestens 8 Stunden mit Kinderwagen, Kleinkind an der Seite und möglichst noch Hund an der Leine auf Bürgersteigen hin und her gehen lässt.
Fußgänger bewegen sich meist nicht besonders schnell, durchschnittlich vielleicht mit 2 km/ Stunde. Erlaubte 12 km für Kinder und bis 20-25 km mehr für Erwachsene auf Rollern wäre das endgültige Ende der friedlichen Nutzung der Bürgersteige.
Nicht nur, dass Radfahrer und leider immer mehr Radfahrerinnen sich als die gröbsten Rüpel im Verkehrsgeschehen ständig hervortun. Ca. 80-90 % fahren inzwischen nur auf Bürgersteigen! Sie fahren in alle Richtungen, sie fahren zu schnell, möglichst abends ohne Licht, sie überholen ohne irgendwelche Zeichen zu geben die Fußgänger, die sich benehmen müssen wie Autos und jeden kleinsten Schritt nach rechts oder links durch Handzeichen anzeigen müssen. Demnächst wird es Blinker für Fußgänger geben. Sie bahnen sich ihren Weg an Bushaltestellen rücksichtslos zwischen den ein-und austeigenden Menschen und sind normalerweise auch noch pampig, wenn sie auf ihr rücksichtsloses Verhalten mal aufmerksam gemacht werden.
Ich bin überzeugt, dass die meisten Radfahrerinnen von sich selbst glauben, aufmerksam zu fahren. Und sie sollen sich auch für bessere Radwege einsetzen. Aber inzwischen sind sie zu den Schrecken aller Fußgänger geworden. Sie kennen nicht das Gefühl, alle 50 oder auch nur alle 100 Meter in Zentimeterabstand überholt zu werden.
Dann gibt es noch die Mütter, die ihren 9-10jährigen Kindern nicht zumuten wollen, sich durch Klingeln bemerkbar zu machen, wenn sie schon auf dem Bürgersteig fahren. „Er ist erst neun!“ rief neulich eine aufgebrachte Mutter, deren Sohn in Schlangenlinien zwischen alten Leuten raste. Rücksicht kann ein Kind schon mit 4 Jahren lernen.
Es gibt viele Eskalationsstufen und viele Erlebnisse, die hier nicht weiter ausgeführt werden sollen. Fußgängerinnen wissen, wovon ich spreche und sie haben genügend eigene schlechte Erfahrungen. Neulich erzählte mir jemand, dass die Präsidentin einer Radfahrergesellschaft gezwungen war, sich einen Tag lang als Fußgängerin zu bewegen und absolut entsetzt war über das Radfahrerverhalten.
Was schon bei rasenden Autofahrern feststellbar ist: Rammler und Raser sind schlechte Liebhaber. Das lässt sich auf Fahrradfahrer inzwischen auch übertragen. In den siebziger Jahren waren ab und zu noch Kinder auf der Straße, die dort spielten: Himmel und Hölle oder Seilspringen. Dafür waren die Bürgersteige da. Jetzt werden die Fußgänger von den Bürgersteigen verdrängt. Sollen sie bald zu Hause bleiben? Oder wird wenigstens eine Führerscheinpflicht für Radler eingeführt?
Wieviel Intelligenz und Vorstellungskraft darf man von Verkehrsministern erwarten?

©Helke Sander